Aufnahmestopp – Lipper für Lipper am Limit

Sind Sie in den letzten Wochen einmal am Samstagvormittag durch die Wiesenstraße in Detmold spaziert? Dann haben Sie sich vielleicht auch gefragt, wieso dort vor dem CVJM ab ca. 10.30 eine lange Menschenschlange entsteht, die gegen Mittag bis zur Straße und darüber hinaus auf den Fußgängerweg reicht. Die Antwort: Um 12 Uhr startet offiziell der Soziale Mittagstisch von Lipper für Lipper. Hier haben nachweislich bedürftige Personen die Gelegenheit, eine warme Mahlzeit und eine Lebensmittelspende zu erhalten. Doch während das Projekt einst für ca. max. 50-70 Personen ausgelegt war, haben sich die Zahlen in den vergangenen Monaten dramatisch vervielfacht. Bis zu 250 warme Mahlzeiten und zusätzliche Lebensmittel gibt der Verein mittlerweile jeden Samstag aus und hat damit sein absolutes Limit erreicht.

„Wir erhalten keinerlei finanzielle Unterstützung vom Staat, Stadt oder Kommune und können den wöchentlich steigenden Mehrbedarf schlichtweg nicht mehr decken“, erklärt Ina Thomas vom Verein Lipper für Lipper. „Neben Lipperinnen aller Altersklassen, die nachweislich in Armut leben und unsere Ausgabe besuchen, ist besonders die Zahl an Geflüchteten drastisch angestiegen. Diese geben lt. eigener Angabe an, dass sie von anderen Stellen zu uns geschickt werden.“ Natürlich macht der Verein, der sich „schnelle und unbürokratische Hilfe“ auf die Fahne geschrieben hat, keinen Unterschied zwischen Lipperinnen und Geflüchteten. Jeder Mensch wird würdevoll behandelt und erhält bei Nachweis der Bedürftigkeit die LfL-Karte, die zum Besuch des Mittagstischs berechtigt.

Doch damit ist nun vorerst Schluss: Der Verein hat sich zu einem Aufnahmestopp beim Mittagstisch entschieden. „Es fällt uns unglaublich schwer, diese Entscheidung zu treffen und bedürftige Menschen wegzuschicken. So weit sollte es nie kommen, aber wenn wir jetzt nicht handeln, könnten wir das Projekt im nächsten Jahr nicht mehr fortführen, weil die finanziellen Mittel (100% Spendengelder), voraussichtlich nicht mehr ausreichen werden“ so Ina Thomas weiter.

Der Verein, der sich der schnellen und unkomplizierten Hilfe verschrieben hat und Projekte wie den wöchentlichen sozialen Mittagstisch ausschließlich aus Geld- und Lebensmittelspenden und mit ehrenamtlichen HelferInnen realisiert, kann kaum fassen, wie die Nachfrage in den letzten Monaten gestiegen ist. „Wir wollten zu einer wöchentlichen Anlaufstelle für armutsbetroffene Lipper*innen werden und diesen einen Platz zum Austausch und bei Bedarf individuelle Unterstützung und Beratung bieten. Doch die rasant steigende Besucherzahl und die Tatsache, dass wir niemanden wegschicken möchten, macht es uns unmöglich, dieses Vorhaben umzusetzen. Wir sind schlichtweg am Limit und haben weder die finanziellen noch die personellen Mittel, um diese Welle an Hilfsbedürftigkeit aufzufangen. Wir appellieren an dieser Stelle dringend an die Politik: Schauen Sie nicht länger weg und besuchen Sie statt des nächsten Stadtfests am Samstag doch mal unseren sozialen Mittagstisch. Schicken Sie hilfsbedürftige Menschen nicht nur von einer Ausgabestelle zur nächsten, sondern helfen Sie mit. Organisationen wie die Tafeln und wir können nicht dafür zuständig gemacht werden, alle armutsbetroffenen Menschen in Lippe verlässlich und verbindlich zu versorgen. Es ist dringend an der Zeit, dass sich etwas ändert.“

3. Oktober 2022